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Kurze Geschichte der Friesen

Kurze Geschichte der Friesen

Die Vorgeschichte der Friesen liegt weitgehend im Dunkeln, vermutlich haben sich die Stämme der Nord- und Ostfriesen aus den Westfriesen entwickelt. Nach Entstehen des Ärmelkanals zwischen Britannien und dem Festland ist Friesland von heftigeren Stürmen heimgesucht worden und Sturmfluten haben die Landschaft nachhaltig verändert. Mit den durch die Naturgewalten entstandenen Überschwemmungen der alten Seemarschen und den hierdurch bedingten Abspaltungen von Landflächen zu Inseln und Halligen gingen auch politische und gesellschaftliche Verbindungen der einzelnen Stämme verloren. Auf den Uthlanden, den Inseln Nordfrieslands entwickelten sich die Inselfriesen in eine andere Richtung als die Festlandsfriesen, die zudem in einem engen Austausch mit Holsaten und Jüten stehen. Wie der Chronisten Christian Peter Hansen in seinem lesenswerten Buch „Chronik der friesischen Uthlande“ feststellt, versteht man unter den Uthlands-Friesen „ein mit besonderen Rechten und Freiheiten versehenes, im Westen des Herzogtums Schleswig liegendes Inselland“.

Vor der Trennung der Friesenstämme in der Zeit von 1489 bis 1566 hatten die Friesen einen entscheidenden Anteil an der Eroberung von Britannien im 5. Jahrhundert und stellten bei diesen Eroberungszügen oft die Anführer. Erst um 800 wurden die Friesen von dänischen Heeren besiegt und unterstanden danach der meist ungeliebten Herrschaft durch dänische Könige. Dadurch wurden die Friesen nicht nur steuerpflichtig gegenüber der dänischen Krone, sie nahmen zwangsweise an Kriegszügen der Dänen gegen England, Frankreich und andere westeuropäische Ziele teil. Diese „Seezüge“ hatten insbesondere Plünderungen zum Ziel und endeten mit der Christianisierung im 11. Jahrhundert. In der Folge veränderte sich die Ansiedlung mit der Errichtung von Deichen und einem verstärkten Ackerbau. Im 13. Jahrhundert haben sich die Uthlands-Friesen mit einem Aufstand erfolgreich gegen die Vorherrschaft der Dänen gewehrt, die Unabhängigkeit hatte allerdings nicht lange Bestand. Ungewöhnlich starke Sturmfluten in den Jahren 1300, 1338, 1354, 1350 und 1351 mit der Folge von Pest und Seuchen brachten Tausenden von Friesen den Tod und verhinderten eine wirkungsvolle Gegenwehr gegen die dänische Herrschaft. 

Ein erneuter Aufstand gegen die dänische Vorherrschaft im 15. Jahrhundert blieb erfolglos und in der Folge überzogen immer wieder Kriege das Land. In der Sturmflut von 1634 wurde die landwirtschaftlich fruchtbare Insel Nordstrand bis auf kleine Reste zerstört. Danach erfolgte die weitere Trennung der Stämme in Festlandsfriesen, die von Ackerbau und Viehzucht lebten, von den Inselfriesen, die schwerpunktmäßig der Seefahrt und Fischerei nachgingen. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden am Festland bedeutende Deichbauten zum Schutz gegen die See errichtet und die Viehzucht florierte. In den Uthlanden waren die Friesen erfolgreich in der Seefahrt und verbesserten ihre Fähigkeiten in Mathematik und Navigation, so dass sie einen ausgezeichneten Ruf als Navigatoren und Schiffsführer gewannen. Neben der Handelsschifffahrt hatte der Walfang vor Spitzbergen zeitweilig eine herausragende Bedeutung.

1713 geraten die Uthlande unter die Herrschaft des Herzogtums Schleswig und damit wieder der dänischen Krone. Obwohl oder gerade, weil die Inselfriesen durch ihre Reisen wesentlich kosmopolitischer waren als die Festlandsfriesen und an vielen anderen Orten heimisch wurden, verlor sich der Zusammenhalt in der Gemeinschaft und das Interesse an Freiheit und Unabhängigkeit. Die Uthlande hatten zu dieser Zeit den Charakter eines Treffpunktes der Familien zwischen den Seereisen und als Ort für den Ruhestand, den sich erfolgreiche Schiffsführer durchaus in Wohlstand leisten konnten. Unter dem fehlenden Gemeinsinn litten auch der Deichbau und die Entwicklung sozialer Einrichtungen. So waren vor 1855 auf Sylt weder Feuerwehren oder Nachtwächter noch Institutionen zur Rettung Schiffbrüchiger entstanden. Auf Föhr gab es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts keine Buchhandlung und offensichtlich auch keinen Bedarf an geistiger „Bereicherung“. Dabei hatte Föhr immerhin schon 5.000 Einwohner.

Das obere Foto auf einer historischen Postkarte von ca. 1900 zeigt die heutige Straße am Bundiswung in Westerland.

Im Kontrast zum Wohlstand der seefahrenden Friesen stand der ärmliche Lebensstandard der übrigen Bevölkerung, die sich als Fischer, Wattschiffer, Landwirte oder Handwerker betätigten. Trotzdem hatte der langsam steigende Wohlstand zur Folge, dass die Kriminalität und auch die Strandräuberei im 19. Jahrhundert rückläufig war. Ähnlich wie die zuhause bleibenden Inselfriesen verhielten sich die vom Festland zuziehenden dänischen und friesischen Bevölkerungsteile, die vollständig assimiliert wurden. Durch den hohen Stellenwert der Seefahrt lasteten viele andere sonst von Männern erbrachte Aufgaben auf den Schultern der Frauen, die zum Teil alleine den Haushalt, die Erziehung der Kinder, die Instandhaltung der Häuser, eine bescheidene Landwirtschaft und Viehzucht bewerkstelligen mussten. C.P. Hansen schildert die typische Sylterin durch „hohe Gestalt, Schönheit, frische Farbe, blaue Augen und blondes Haar“. Die Last der Frauen in den Uthlanden wurde durch die hohe Zahl von bei Schiffsunglücken ums Leben gekommenen Seefahrern noch zusätzlich gesteigert.

1850 waren 300 der insgesamt 1.209 männlichen Bewohner von Sylt in der Seefahrt tätig und davon wiederum 136 Kapitäne und Steuerleute - dies entspricht einer Quote von fast 25%. In Westerland lebten zu dieser Zeit knapp 500 Einwohner, das größte Dorf war zu dieser Zeit Morsum mit 770 Einwohnern. Aufschlussreich ist ein Blick auf die „Produktion“ der 2.706 Einwohner in jenem Jahr vor über 160 Jahren: es wurden 2.900 Tonnen Roggen, 5.960 Tonnen Gerste, 1.660 Tonnen Hafer sowie in nennenswertem Umfang Wollprodukte hergestellt. Mit elf Austernfahrzeugen wurden von den damals 20 Austernbänken 1.700 Tonnen Austern geerntet. Dies entspricht 1,5 Millionen Stück, die auf das Festland und bis nach Russland transportiert wurden. 

 In den Dünen wurden 40.000 Möweneier gesammelt und in der Vogelkoje 22.916 Krickenten gefangen. Die Hauptausfuhrprodukte von der Insel waren über viele Jahre Austern, Gerste und Wollwaren. Neben den Einwohnern lebten 226 Pferde, 1.393 Kühe und 6.563 Schafe auf der Insel. Offensichtlich funktionierte die Steuerbürokratie der Dänen damals auch schon sehr effizient, wenn so genaue Zahlen zu Möweneiern und Schafen ermittelt wurden. Die Produktion auf Föhr war bis auf Austern und Möweneier ähnlich wie auf Sylt, die Einwohnerzahl lag 1850 mit 6.000 doppelt so hoch wie auf Sylt. Auf den Halligen waren Schifffahrt, Krabbenfang sowie die Produktion von Butter, Käse, Fleisch und Wollwaren die Haupteinnahmequellen. Auf Langeneß gab es 1850 gerade mal 57 Häuser.

Bei der weiteren Betrachtung der Vorfahren der Familie lassen sich die beschriebenen Entwicklungen auch an Einzelschicksalen ablesen. Es gibt unter den Vorfahren die typischen Festlandsfriesen, die über Jahrhunderte Ackerbau und Viehzucht betreiben oder den nicht zur See fahrenden Handwerker. Die Festlandsfriesen sind über den zu ermittelten Zeitraum in der Mehrzahl sehr bodenständig und verlassen nur in Einzelfällen die angestammte Heimat. Ortswechsel ergeben sich u.a. aufgrund der Erbfolge für die jüngeren Kinder. Aber auch Familien ohne eigene Ackerflächen bleiben oft über Generationen in einem engen regionalen Umkreis. Dies gilt in gleicher Weise für Jüten aus den dänischen Familienzweigen. 

Unter den Uthland-Friesen finden sich in nicht geringer Zahl Seeleute, Schiffer und Kapitäne und auch unter den direkten Vorfahren und Verwandten, die von Sylt, Langeneß, Gröde oder Habel stammen, sind zahlreiche Seeleute und Kapitäne. Mehr als die Hälfte dieser Vorfahren starb vergleichsweise jung bei einem Schiffsunglück, bis hin zu den fernen Gestaden von Patagonien vor Südamerika. Insbesondere die Seefahrer von Sylt und den Halligen waren als Navigatoren und Schiffsführer anerkannt. Im 17. Jahrhundert haben viele Sylter für den Walfischfang bei Spitzbergen und Grönland bei holländische und Hamburger Reeder angeheuert und manche waren danach in der Handelsschifffahrt tätig. So anerkannt die Sylter als Schiffsführer und Fischer waren, so wenig angesehen waren sie in Landwirtschaft und Viehzucht. Die Festlandsfriesen waren dagegen schon früh erfolgreich mit Landwirtschaft und Viehzucht. Im Laufe der Zeit ist eine Durchmischung zu beobachten, wobei in der Regel Festlandsfriesen auf die Inseln gezogen und dort assimiliert wurden, die umgekehrte Richtung war eher selten. 

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