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Familie Struve: von Landwirten zu Astronomen ab 1818

Familie Struve von Landwirten zu Astronomen ab 1818

Der früheste bekannte Vorfahre aus der Struve-Linie ist der um 1540 geborene Marquart Struve, der um 1565 als Besitzer des Hofs Nr. 908 in Sommerland eingetragen wird. Aus der Ehe mit einer nicht identifizierten Frau geht nur ein bekannter Nachkomme hervor: Marx Struve (geboren um 1596 und gestorben am 27.12.1678). Marx heiratet 1622 Alke (1594 bis 15.02.1680) und bekommt mit ihr drei Kinder. Neben der unter meinen Vorfahren aufgeführten Anna Struve wird um 1635 der Sohn Simon geboren und davor 1625 Heinrich Struve (verstorben am 18.06.1680). Auch wenn Heinrich Struve nicht zur direkten Blutlinie gehört ist die weitere Entwicklung seiner Nachkommen bemerkenswert. Die folgende Stammtafel gibt einen Überblick.

Jacob StruveJacob StruveHeinrichs Enkel Johann Struve lebte als Maurer und Hausbesitzer in Sommerland und sein vierter Sohn Jacob Struve (21.11.1755 bis 02.04.1841) sollte nach dem Willen seines Vaters in der Landwirtschaft tätig werden. Jacob hatte aber wohl andere Vorstellungen und mit 16 schaffte er die Aufnahmeprüfung für den Besuch eines Gymnasiums, anschließend studierte er ab 1755 an der Göttinger Universität Mathematik und Rhetorik. Ab 1780 erhielt er erst eine Anstellung als Konrektor der lateinischen Schule in Harburg und über mehrere Stationen wurde er Rektor und Professor am Gymnasium hinter der Marktkirche in Hannover. 1789 veröffentlichte er einen „Leitfaden für den Unterricht in Mathematik auf Schulen und Gymnasien“. 1791 ging Struve zunächst als zweiter Professor an das Gymnasium in Altona zurück, das er selber besucht hatte. 1794 wurde Jacob Struve erster Direktor und Bibliothekar; er unterrichtete bis zu seinem Ruhestand 1827. Vorher veröffentlichte er ein Lehrbuch zur Arithmetik. 1829 wurde ihm in Kiel der Titel eines Justizrates und die Ehrendoktorwürde verliehen. Jacob Struves Foto links stammt aus dem Ortsarchiv der Gemeinde Horst (Holstein),
Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=17592509)

Mit seiner Frau Maria Emerentia Wiese (1761 bis 1847) hatte er 14 Kinder, von denen sieben da Erwachsenenalter erreichten. Drei Söhne wanderten mit ihren dänischen Pässen nach Russland aus. In der nächsten Generation gab es insgesamt 59 Enkel. Unter seinen Kindern finden sich der Astronom Prof. Dr. Friedrich Georg Wilhelm von Struve (geboren am 15.04.1793 in Altona und gestorben am 23.11.1864 in St. Petersburg), der Philologe Karl Ludwig Struve (geboren am 02.05.1785 in Hannover und gestorben am 17.06.1838 in Königsberg) und der Medizinprofessor Ludwig August Struve (geboren am 18.08.1795 in Altona und gestorben am 29.04.1828 in Dorpat in Estland). Das Foto von Maria Emerentia stammt von Wikipedia: Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=10290816

Karl Ludwig Struve (geboren am 02.05.1785 in Altona und gestorben am 05.06.1838 in Königsberg) besuchte das Gymnasium in Altona, in dem sein Vater als Rektor wirkte, und studierte anschließend ab 1801 in Göttingen Theologie und Philosophie. 1803 promovierte er an der Universität Kiel in Philosophie. Danach verdiente er seinen Unterhalt als Hauslehrer in Livland und habilitierte sich parallel dazu an der Universität in Dorpat in klassischer Philologie. Da keine Professorenstelle frei war, ging er 1814 als Direktor an das altstädtische Gymnasium in Königsberg. Dort verstarb er mit 53 Jahren am 17.06.1838 und hinterließ vier Töchter und zwei Söhne. Seine Frau Wilhelmine Sparwandt (geboren am 22.08.1789) war bereits vier Jahre vor ihm im Dezember 1834 mit 45 Jahren verstorben. Einer seiner Söhne war der spätere Gutsbesitzer und Professor für Chirurgie und Ophthalmologie in Charkow Dr. Adolf Heinrich Karlovitch Struve (22.12.1809 bis 08.07.1894).

Ludwig August Struve (geboren am 18.08.1795 in Altona und gestorben am 17.04.1828 in Dorpat) studierte an den Universitäten in Dorpat und Köln Medizin. 1815 promovierte er zum Dr. med. & chir. und praktizierte anschließend als Allgemeinmediziner in Altona. 1823 wechselte er mit seiner Praxis erst nach Wilster und dann nach Elmshorn. 1820 habilitierte sich Ludwig August zum Professor der Therapie und erhielt einen Ruf als Direktor der Universitätsklinik in Dorpat in Estland. Der russische Zar verlieh ihm später die Auszeichnung als russischer Hofrat.

Der am 15.04.1793 in Altona geborene Dr. Friedrich Georg Wilhelm von Struve begann 1808 ein Studium der Philologie an der Universität Dorpat, wechselte dann aber zu den Fächern Mathematik und Astronomie. Sein Foto auf der linken Seite stammt von Wikipedia: (gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=319594

1813 beendete er sein Promotionsstudium mit dem Titel Dr. phil. und begann als außerordentlicher Professor der Astronomie an der Sternwarte Dorpat. 1818 wurde er zum ordentlichen Professor und Direktor der Sternwarte ernannt. Der Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit lag auf der Beobachtung von Doppelsternen und 1827 veröffentlichte er einen Katalog mit Doppelsternen, 1837 folgte ein weiteres Werk „Stellarum duplicium et multiplicium mensurae micrometricae“. 1828 starb sein Bruder Prof. Ludwig August Struve und Friedrich Georg Wilhelm hat seinen am 24.05.1816 geborenen späteren Professor der Philologie Theodor Struve adoptiert. 1829 wurde Friedrich Georg Wilhelm zum „Kollegienrat“ ernannt und 1831 zum „wirklichen Staatsrat“. Diese Ernennung war mit der Erhebung in erblichen Adelstand verbunden und seit dieser Zeit verwenden die Nachkommen den Namenszusatz „von“. Neben der Astronomie beschäftigte er sich mit der Geodäsie und hat von 1816 bis 1819 an der Triangulation von Estland und Lettland mitgewirkt. Nach der Eröffnung der neunen Sternwarte in Pulkovo bei St. Petersburg wurde Friedrich Georg Wilhelm deren erster Direktor. Auch an der neuen Sternwarte setzte er seine Forschungsarbeit an Doppelsternen fort, 1843 hat er zusammen mit seinem Sohn Otto Wilhelm die Parallaxe und Aberration des Lichts vom Sterns Wega im Sternbild Leier bestimmt. 1845 wirkte er bei der Gründung der „russischen geographischen Gesellschaft“ mit und wurde 1856 zum Geheimrat ernannt. Aus gesundheitlichen Gründen ging Georg Friedrich Wilhelm 1862 in den Ruhestand und starb mit 71 Jahren am 11.10.1864. Die Leitung der Sternwarte wurde an seinen Sohn Otto Wilhelm von Struve übertragen. Sein Foto ist bei Wikipedia zu finden: Av Accompanied article by Simon Newcomb - Opposite page 145 of The Popular Science Monthly, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4502821

Friedrich Georg Wilhelm von Struve war zweimal verheiratet und bekam insgesamt 17 Kinder! Am 23.06.1815 hat er Emilie Wall (02.12.1796 bis 01.02.1834) geheiratet, die einen Monat nach der Geburt ihres 11. Kindes Emilia mit nur 37 starb. Sieben der Urgroßeltern von Emilia entstammen französischen Hugenotten-Familien. Der Familienzweig Cuny kam aus der Champagne, die Sechehaye aus Metz und die Dousal, L’Hermet und Emerie aus der Gegend von Nîmes im Languedoc. Der um 1680 geborene Guillaume L’Hermet flüchtete mit seiner Frau Marguerite Emerie um 1710 nach Berlin, wo er am 28.10.1741 starb. Ihre Tochter Gabrielle L‘Hermet wurde am 18.05.1716 in Berlin geboren und heiratete den 1708 im Languedoc geborenen Jacques Dousal.

Daniel Cuny kam am 05.05.1657 in Bar-le-Duc als Urenkel des aus der Schweiz zugewanderten um 1640 geborenen „Kolonisten“ Guifredo Cuni auf die Welt. Bei einem ersten Fluchtversuch aus Bar-le-Duc wurde er verhaftet und zur Arbeit auf einer Galeere verurteilt. Er flüchtete schließlich um 1680 nach Berlin, etablierte sich als Kaufmann „in Goldwaren“ und heiratete dort 1687 die ebenfalls aus Bar-le-Duc stammende Susanne Thierot (1650 bis 27.11.1719). Emilie Walls Vater Isaac Wall (12.09.1761 bis 04.03.1837) und Großvater Isaac Vall (11.04.1716 bis 20.04.1796) wurde beide in Altona geboren waren als Fabrikanten tätig. Ihr Urgroßvater Vall, dessen Vorname nicht bekannt ist, wurde um 1670 in der Champagne geboren und starb am 03.08.1751 in Altona. Susanne und Daniel Cunys Sohn Jacques Cuny (23.02.1699 bis 07.09.1769) kam in Berlin zur Welt und heiratet am, 06.03.1735 Marie Sechehaye, die am 10.06.1696 in Metz geboren wurde, und lebte mit ihr in Magdeburg. Ihr um 1670 Vater Matthieu Sechehaye diente zusammen mit zwei Brüdern als preußische Musketiere. Er bekleidete den Rang eines Leutnants und starb vor 1712 in Metz, möglicherweise bei einer militärischen Auseinandersetzung. Marie und eine Schwester wurden von ihrem Erbonkel Gédéon Sechehaye in Magdeburg aufgezogen, zwei weitere Schwestern wurden von den Behörden in Metz festgehalten und eine davon wurde später Nonne.

Nach dem frühen Tod von Emilie Wall hat Friedrich Georg Wilhelm von Struve am 25.02.1835 in zweiter Ehe Johanna Bartels (29.03.1795 bis 27.08.1867) aus Braunschweig geheiratet und mir ihr sieben Kinder bekommen. Ihr älteste Sohn Karl Wilhelm von Struve (1835 bis 1907) wurde Diplomat und war als russischer Botschafter in Japan, den USA und den Niederlanden. In Washington hatte er häufigen Kontakt mit Politikern wie Theodore Roosevelt, Henry Adams und James G. Blaine. Karl Wilhelm hat die um 1840 geborene Maria Nikolajewa Annenkowa geheiratet, eine Tochter des russischen Generals Nikolai Annenkow.

Von den insgesamt 18 Kindern von Georg Friedrich Wilhelm von Struve wurden bis auf den viertältesten Konrad (01.02.1821 bis 1893) und die drei jüngsten in Pulkovo geborenen Kindern alle in Dorpat geboren, 12 der Kinder erreichten das Erwachsenalter und in der nächsten Generation finden sich 55 Enkel. In den folgenden Jahrzehnten bringt die Familie Struve eine Reihe von weiteren Mathematikern und Astronomen hervor, z.B. die beiden Söhne von Otto Wilhelm, Dr. Hermann von Struve und Prof. Dr. Gustav Wilhelm Ludwig von Struve und deren Söhne Prof. Dr. Georg von Struve und Prof. Dr. Otto von Struve. Als letzter Bekannter Astronom aus dieser Reihe gilt der 1914 geborene Dr. Wilfried von Struve.

Mit dem am 07.02.1870 in Perm geborenen Peter von Struve kommt ein Ökonom, Philosoph und Marxismus-Kritiker hinzu, der sein Studium an der juristischen Fakultät der Universität St. Petersburg abvsolvierte und ab 1890 Chefredakteur der Zeitschriften „Legaler Marxismus“ und „Neues Wort und Beginn“ wurde. Zum Ende der 1890er Jahre orientierte sich Peter in Richtung des bürgerlichen Liberalismus und wurde damit zum Gegner des Marxismus. 1902 wurde er Chefredakteur der Zeitschrift „Die Befreiung“ und ab 1903 Führer des „Bundes der Befreiung“. 1907 war er Abgeordneter der „Konstitutionell-demokratischen Partei“ in der zweiten Staatsduma. Im Bürgerkrieg nach der Oktober-Revolution wirkte er als Berater des konterrevolutionären Generals A. I. Denikin und war Mitglied der weißgardistischen Regierung unter P. N. Wrangel. Nach dem Zusammenbruch der Konterrevolution ging er nach Paris ins Exil, wo er am 26.02.1944 gestorben ist. 1934 wählte man ihn in die „American Academy of Arts and Sciences“. Er hat am 01.05.1897 Antonina Aleksandrovna Gerd (21.04.1868 bis 26.05.1943) geheiratet und mit ihr fünf Söhne in die Welt gesetzt hat. Das Foto auf der linken Seite wurde von Wikipedia übernommen: Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16137839

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