Ihre Browserversion ist veraltet. Wir empfehlen, Ihren Browser auf die neueste Version zu aktualisieren.
Hinrichtung von Bürgermeister Wasmer 1340

Hinrichtung des Bremer Bürgermeisters Wasmer 1340

Bis 1585 war Antonius Steinhaus als Landschreiber sowie als apostolischer und kaiserlicher Notar am Kammergericht in Süd-Dithmarschen tätig und wird in diesem Jahr mit 51 Jahren beigeordneter Inspektor des Gerichts in Meldorf. Nach Einwilligung seines Dienstherren Rantzau gibt er das Amt als erster Landschreiber an seinen Schwiegersohn Johannes Wasmer (1555 bis 14.02.1604) ab, der im selben Jahr am 22.05.1585 seine Tochter Margaretha Steinhaus (1566 bis 1604) geehelicht hat. Die Familie Wasmer kam aus Bremen und kann bis zu Johannes Wasmer zurückverfolgt werden, der 1365 vermutlich in Mellinghusen geboren wurde. Seine Vorfahren könnten dort als Pastoren gewirkt haben. In der Schrift „Bürgermeister Vasmer und das steinerne Kreuz“von Friedrich Prüser aus dem Jahr 1930 liefert Ergebnisse seiner Forschungen, auf die sich Teile der folgenden Texte beziehen. Danach wird um 1400 ein Johannes Wasmer erwähnt, der mehrfach Bauholz für den Bau des neuen Rathauses liefert. 1417 ist er dann Ratsherr im Bremer Rat und fünf Jahre später Bürgermeister. Zu diesem Zeitpunkt ist er 57 Jahre alt, sofern die Geburtsdaten korrekt überliefert sind.

Als Bürgermeister hat er mehrfach Gelegenheit seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Eine Fehde in Osterstade beendet er erfolgreich. Mit den friesischen Anführern gab es schon lange Auseinandersetzungen. Als Unterhändler für Bremen verhandelten er mit den mächtigsten der Friesenhäuptlinge einen Friedensvertrag und wird in der Rinesberch-Scheneschen Chronik als ein „clooc, herlick man, van snellem rade unde van guder sprake“ gewürdigt. Er galt als „ald, graw und wol beredt. Leider hielt der Friedensvertrag nicht lange, denn schon 1424 zerstörten die Friesen die Bremer Friedeburg in Butjadingen.

1427 geriet der von 1421 bis 1434 als Bremer Erzbischof eingesetzte streitbare und für viele Kriegszüge bekannte Nikolaus von Oldenburg-Delmenhorst zusammen mit Grafen und Bremer Bürgern in Gefangenschaft von Focke Ukena von Leer, mit er sich in einer Fehde befand. Johannes Wasmer verhandelte im Juni 1427 die Freilassung, die von kaum jemandem für möglich gehalten wurde. Daher steht in der oben genannten Chronik: „Nemant was groter als her Johann Vasmer“. Für die glückliche Befreiung wurden Freudenfeste abgehalten und dem Bürgermeister immer wieder höchster Dank ausgesprochen. Sowohl die Friedensverhandlungen mit den Friesen als auch die Verhandlungen zur Befreiung des Erzbischofs sind laut Friedrich Prüser urkundlich belegt.

Für die Bremer Bürger waren die Kriegszüge der Friesen und die Zerstörung der Friedeburg sehr teuer und es entstand Unmut in der Bevölkerung, da zusätzliche Abgaben befürchtet wurden. Man forderte mehr Einfluss auf die politischen Entscheidungen und die Verwaltung der Stadt. Da Bremen zu der Zeit Mitglied des Städtebundes der Hanse war, konnte die Absetzung des regierenden Rates durch eine von der Bevölkerung eingesetzte Verwaltung einen Ausschluss aus der Hanse zur Folge haben. Tatsächlich erfolgte dieser Schritt 1427. Die Unruhen in der Bürgerschaft hatte zur Folge, dass im Januar 1428 eine neue Bremer Verfassung in Kraft gesetzt wurde. Auf Basis des neuen Stadtrechts wurde der Rat auf vierzehn Mitglieder halbiert, die jeweils für die Dauer von einem Jahr gewählt werden sollten. Die Hälfte des Rates wäre danach halbjährlich neu zu bestimmen. Nach einer Amtsperiode von einem Jahr konnte ein Ratsmitglied für die Dauer von einem Jahr nicht wiedergewählt werden. Die neue Verfassung wurde als Neubearbeitung der Statuten von 1303 in einem neuen Stadtbuch niedergelegt. In einem Sühnevertrag wurde in Abschnitt 19 von dem neugewählten Rat und der Bürgerschaft beschworen, dass derjenige, der die neue Vereinigung bricht, so dass Aufruhr und Zwietracht die Folge sind, „an Leib und Leben bestraft“ wird, sofern Rat und Bürgerschaft dies für wahr befinden. Dieser Passus soll Johannes Wasmer später zum Verhängnis werden. 

Obwohl Johannes Wasmer eine zumindest innere Abneigung gegen die neue Verfassung hegte, stellte er seine Erfahrung der Stadt weiterhin zur Verfügung und wird auch für den neuen Rat wiedergewählt. Die Mitglieder des alten Rates stellten sich gegen die neue Verfassung und die Stadt. Die Abtrünnigen bei Kaiser Sigismund gegen die neue Verfassung. Im der Verhandlung musste der frühere Bürgermeister Schorhar eingestehen, dass die Anklage falsch war. Als Sprecher für den neuen Rat trat dabei Johannes Wasmer auf. Die von ihm aufgesetzte Erklärung bestätigt, dass der neue Rat bereit ist zurückzutreten, sofern der König dies anordne. Erstaunlicherweise sind die alten Ratsmitglieder aus verschiedenen Gründen (Alter, Krankheit oder geschäftliche Belange) nicht willens, ihre Ratsplätze wieder einzunehmen. Der Anführer der Kläger, der frühere Bürgermeister Herbord Duckel bemängelt, dass die Mitglieder des alten Rates nur wegen dem Sühnevertrag nicht klagen können. König Sigismund entbindet daraufhin den Rat von seinem Eid. In der Folge verlassen acht Mitglieder des alten Rates, darunter zwei ehemalige Bürgermeister Bremen und treffen sich bei Duckel in Stade. Dort erheben sie Klage beim König gegen die neue Verfassung und die Stadt. Nach verschiedenen Aufforderungen wird die Verhängung der Reichsacht über Bremen angedroht. Auch andere Hansestädte sehen die Lage als bedrohlich an, wenn die Unruhen auf sie übergreifen sollten. Daher versuchen sie, auf den Bremer Rat einzuwirken. 

In dieser ungewissen und unruhigen Lage verlässt Johannes Wasmer im Frühjahr 1430 die Stadt und begibt sich nach Stade. Damit wendet er sich gegen den neuen Rat und die neue Verfassung. Die Gründe für sein Handeln bleiben unklar. Vielleicht beabsichtigt er Vermittlungsverhandlungen, die ihm früher erfolgreich gelungen sind. Vielleicht hat er aber auch grundsätzliche Bedenken gegen die neue Verfassung „dat dat nige regimente nicht dochte. Der neue Rat in Bremen war aufgebracht und fürchtete Verrat an der neuen Regelung. Von Stade begibt sich Johannes Wasmer Anfang Juni 1430 zum Grafen von Oldenburg. Auf dem Wege wird er bei Rekum von einem Bremer Knochenhauer erkannt, als er gerade durch die Marsch an die Weser abbiegen will. Der Knochenhauer überwältigt ihn und liefert ihn an die Stadt aus, wo er am 06.06. in den „Hurrelberg“ eingeliefert wird. Nachdem auch die hochbetagte Mutter des Erzbischofs seine Freilassung nicht erwirken kann, ist für die 20.06.1430 eine Verhandlung vor dem Blutgericht des erzbischöflichen Vogtes angesetzt. Der Vogt hat zwei Beisitzer und einer davon ist Johannes Schwiegersohn Johann von Minden. 

 Als Ankläger für Rat und Bürgerschaft fungiert der Ratsdiener Carsten, der Wasmer vorwirft, meineidig und treulos geworden zu sein und den Sühnevertrag gebrochen zu haben. Der ehemalige Bürgermeister widerspricht den Vorwürfen energisch, aber Carsten verkündet, dass der Rat schon über Johannes Wasmer zu Gericht gesessen und ihn für schuldig befunden habe. Der Rat hat ihn in Abwesenheit schon zum Tode verurteilt und das Vogt-Gericht soll dieses Urteil jetzt wohl bestätigen. Der Vogt fordert den Tonnenmacher auf, ein Urteil zu fällen. Wasmer versucht diesen von seiner Unschuld zu überzeugen und argumentiert, dass der Rat in eigener Sache nicht gleichzeitig Kläger und Zeuge sein kann. Er fordert aufgrund der früher vom Rat gemachten Versprechungen jetzt ein gerechtes Urteil. Der Tonnenmacher befindet, dass Wasmer vor Zeugen seine Sache verteidigen solle oder sich gegen schlichte Klage durch seinen Eid „reinigen“ könne. Das Vogt-Gericht nimmt auf dieser Grundlage Gespräche mit dem Rat auf, der aber auf seinem gefällten Urteil beharrt. Von seinem Schwiegersohn erfährt er das bestätigte Todesurteil. Wasmer beteuert weiterhin seine Unschuld, aber der Scharfrichter enthauptet ihn am 21.06.1430 mit 65 Jahren auf dem Richtplatz vor dem Ostertor. Der Leichnam wird von seinen Freunden in die Kirche des Paulsklosters gebracht und vor dem Taufstein begraben.

Für die spätere Beurteilung des Falles spielt sicher eine Rolle, dass die Sache des neuen Rates keinen langen Bestand hatte. 1433 wurde eine Vereinbarung mit den Vertretern des alten Rates getroffen, und dieser kehrte vollständig in sein Amt zurück. Damit wird Johannes in der öffentlichen Wahrnehmung zum „unschuldigen Vasmer“. Ob dies tatsächlich so eindeutig ist, lässt sich nicht eindeutig entscheiden. Obwohl Johannes Wasmer sicher mit den besten Absichten für seine Stadt gehandelt hat, dürfte außer Frage stehen. Ob er allerdings gegen den Sühnevertrag verstoßen hat, ist eine offene Frage. Ebenso wie für die Fragen, ob der Prozess ordnungsgemäß geführt wurde und das Urteil angemessen war, unterschiedliche Antworten gefunden wurden. Letztlich ist es aus heutiger Sicht nicht mehr relevant. Bis auf den zweiten Sohn Hinrich sind alle Familienmitglieder nicht lange nach der Hinrichtung gestorben. Auf Betreiben von Hinrich Wasmer (1410 bis 25.07.1462) ließ Kaiser Sigismund die Stadt in die Reichsacht nehmen. Als Sühne für die ungerechtfertigte Hinrichtung musste Bremen für Johannes 1436 an der Richtstelle eine Steinsäule zum Gedenken für Johannes Wasmer errichten und den Sohn entschädigen. Die Inschrift auf dem Sockel des Kreuzes lautet: In deme jare unses heren MCCCC an deme XXX jare des dinxe-daghes vor johannis baptiste war here johann vasmer borghermester hir ghedodet. Biddet god vor de sele“

Hinrich Wasmer stiftete für die Kirche des Paulskloster zwei jährliche Gedächtnisfeiern aus seinem Besitz in Emtinghausen. Johannes Wasmer selber hatte dem Anschariikapitel acht Mark geschenkt, für die jeweils am Jahrestag seines Todes wie demjenigen eines Chorherrn gedacht werden sollte. Der Rat der Stadt errichtete aufgrund des Sühnevertrages mit Hinrich in derselben Kirche einen Altar Corpus Christi, an dem an jedem Montag eine Seelenmesse für den hingerichteten Bürgermeister gelesen werden sollte. Sein Grabstein vor dem Taufstein enthielt die Worte: „Hir licht de unschullige Vasmer“.  Während der Unruhen zur Zeit der Reformation haben Bremer Schmiede das Paulskloster zerstört. Dabei wurde Grabplatte und Gedächtnistafel ebenso zerstört wie der Wasmer-Altar. Geblieben ist bis heute das Wasmer-Kreuz am Ostertor.

Dies ist eine private Seite für private Nutzer mit Interesse an der Genealogie und der Region, für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben kann nicht garantiert werden. Neue Erkenntnisse werden eingepflegt und Hinweise zu Ergänzungen oder Korrekturbedarf werden gerne entgegengenommen!

 

© 2018. Dr. Jürgen Kaack. Alle Rechte vorbehalten.

Cookie-Regelung

Diese Website verwendet Cookies, zum Speichern von Informationen auf Ihrem Computer.

Stimmen Sie dem zu?